Die solarisBank ist ein spannendes Projekt, das jüngst seine Series-B Finanzierungsrunde in Höhe von 56,6 Millionen Euro abschloss. Das Unternehmen vereint zwei Welten: ein Fintech-Startup mit Vollbanklizenz. Wir sprachen während der Crypto Assets Conference 2018 mit Peter Grosskopf, CTO bei solarisBank. Das Interview führte Lara Jacobs.
Base58: Wir sind mit Base58 gerade auf der Crypto Assets Conference in Frankfurt und mit uns ist Peter Grosskopf von der solarisBank. Peter, du bist CTO der solarisBank. Erzähle uns doch als erstes etwas über deinen Background.
Gerne, CTO sagt ja auch schon der Titel, ich mache etwas mit Technologie. Ich bin quasi für die Plattform der solarisBank verantwortlich. Wie ich dazu gekommen bin… Ich habe meine Karriere als Entwickler begonnen, als Freelancer. Daraus ist dann eine kleine Agentur mit 30 Mitarbeitern geworden, die Prototypen für Start-ups gebaut, aber auch für Corporates gearbeitet hat.
Die habe ich nach fünfeinhalb Jahren verkauft und bin zu einem Company Builder – Hitfox und Finleap – gegangen, die schwerpunktmäßig Fintech Ventures gebaut haben. Das war dann auch sozusagen mein Pfad Richtung Finanzwesen. Da habe ich mit meinem Team die Prototypen für die neuen Ventures gebaut.
Als wir festgestellt haben, dass man bei vielen Fintech-Geschäftsmodellen oftmals ohne einen Bankenkooperationspartner nicht auskommt, es aber nur wenig Plattformbanken oder Banken mit vernünftigen API Interfaces gab, kam die Idee auf, dass wir unsere eigene Bank gründen. Das ist dann die solarisBank gewesen.
Base58: Die solarisBank ist, wenn man euch googelt, die „Tech-Bank“ von der überall gesprochen wird. Was kann man sich darunter vorstellen?
Genau. Ich glaube wir haben einfach den großen Vorteil, dass wir in der heutigen Zeit gegründet sind, die Firma ist jetzt etwas mehr als zwei Jahre alt. Was einfach bedeutet, dass wir moderne Arbeitsweisen, komplett agile Strukturen haben. Also nicht nur im Entwicklungsbereich, sondern eben auch bis in die Sales Organisationen und in die Legal Organisationen hinein. Das heißt, wenn wir an Produkten arbeiten, dass wir bis zum Customer Success Manager alle Leute mit einbeziehen. Das ist natürlich ein Vorteil.
Und unser Anteil an Entwicklern ist auch recht hoch. Aktuell sind glaube ich um die 42 Prozent der 150 Mitarbeiter Entwickler. Das ist auf jeden Fall ein Kernargument dafür, dass wir ein Technologieunternehmen sind.
Und unser Produkt ist eben auch ein Technologieprodukt. Wir vertreten die Meinung, dass Bankdienstleistungen einfach Infrastruktur ist. Ähnlich wie AWS, also Amazon Web Services, auch Infrastruktur ist. Und Infrastruktur gehört in den Hintergrund, da gehören vernünftige Schnittstellen drauf und das ist unsere Philosophie.
Base58: Du hast gerade schon Agilität angesprochen. Ihr seid einerseits eine Bank, auf der anderen Seite ein Technologieunternehmen. Welche Arbeitskultur dominiert bei euch?
Ich glaube das ist bei uns wirklich 50/50. Das eine kommt ohne das andere auch nicht aus. Als Bank trägt man sehr viel Verantwortung, natürlich für die Einlagen der Kunden. Und eine Banklizenz bekommt man auch nicht for free. Da muss man natürlich ein bisschen etwas mitbringen.
Das heißt, ohne die Seniority von unserem Vorstand und der einen oder anderen Key Person im Risk- und Compliancebereich, kann man auch keine Bank betreiben. Aber die beiden Bereiche befruchten sich auch gegenseitig. Zum Beispiel engagiere ich mich auch sehr stark in den Compliancebereichen. Ich habe zum Beispiel intern so ein Wort geprägt, das sich Compliance as Code nennt. Also wir versuchen möglichst viele „lästige“ Compliance Aufgaben direkt von Anfang an zu automatisieren und im Grunde genommen dort dann Human Brain Power einsetzen, wo kreative Gedankengänge erforderlich sind. Kontrollaufgaben und derlei Dinge versuchen wir dann die Maschine machen zu lassen.
Base58: Du hast jetzt hier bei der Crypto Assets Conference über die Rolle von Banken im dezentralen Zeitalter gesprochen. Was hast du da mitgegeben? Was waren deine Kernaussagen?
Ich habe mich, auch als CTO und als Verantwortlicher für RND und die technologische Plattformvision von der Bank, sehr intensiv mit der Thematik der Blockchain und dezentralisierter Systeme auseinandergesetzt. Weil auch die solarisBank trotz des modernen Ansatzes und Plattform-Banking und so weiter eben auch ein dezentralisiertes Institut ist.
Und wenn es die Technologie jetzt ermöglicht, auch uns zu disrupten, dann müssen wir uns damit natürlich möglichst frühzeitig auseinandersetzen.
Ich habe dann versucht zu überlegen, was ist die Kernaufgabe oder die Stärke einer Bank? Und ich glaube, viele Bankenvertreter sehen Compliance-Strukturen, Security und ISO-Zertifizierung usw. ein bisschen als Ballast an. Also quasi als Schwäche.
Ich persönlich bin der Meinung, dass genau das die Stärke einer Bank ist, weil wir uns dadurch eine Position als „trusted“ zentralisierte „Third Party“ im Blockchain-Zeitalter positionieren können. So ähnlich wie das ein Thomson Reuters mit Oracle APIs macht.
Deswegen glaube ich zum Beispiel, dass wenn eine Bank Werte zentralisiert in einer Datenbank, sozusagen auf unserem Server speichert, dann ist das in der Zukunft in der Blockchain eben dezentral, erreichbar über mein Wallet. Und ich kann zum Beispiel als Bank den Private Key für den Nutzer aufbewahren und damit sicherstellen, dass der Kunde jederzeit 24/7 von jedem Ort an sein Geld kommt und dass es sicher verwahrt ist.
Wir wissen alle, dass wenn ich mein Private Key verliere, dann bin ich ziemlich geliefert und aufgeschmissen. Das heißt, ich glaube als Bank kann ich super Prozesse aufbauen für etwa Backups von Private Keys oder Security Prozesse drum herum, die mir durch Multi-Faktor-Abfrage ermöglichen, die Bank zu autorisieren mir den Private Key auszuhändigen. (…)
Also generell Custodianship, sichere Verwahrung, das sind einfach Themen bei denen der Nutzer glaube ich lieber zu einer Bank geht, weil sie wissen, dass eine Bank sehr, sehr viel für Sicherheit tut. Da hat die Bank einfach einen riesengroßen Vorteil gegenüber dem Fitnessunternehmen um die Ecke, was einen Pivot gemacht hat und jetzt Custodian-Lösungen anbietet.
Base58: Das heißt, du rettest den Bankensektor davor, durch Blockchain-Technologie disrupted zu werden?
Naja, ich glaube fest, dass die Kernfunktion einer Bank, oder die Kern-Use Cases einer Bank (…) letztendlich die Aufbewahrung von Werten ist, von A nach B schicken, leihen und investieren.
Und das sozusagen gebacked durch Trustbuilding-Mechanismen wie Sicherheitsstandards und so weiter. Das war vor 100 Jahren die Aufgabe einer Bank, aber geliefert durch andere Technologien oder durch den Safe, der irgendwo im Keller ist. Heutzutage sind es zentrale Server und morgen sind es dann eben dezentrale Wallets.
Das heißt, die Technologie ändert sich, aber der Use Case bleibt bestehen.
Und man muss sich als Bank eben nur Gedanken machen, was ist da jetzt die Rolle ist. Klar kann ich in Zukunft Kredite auch Peer-To-Peer vergeben und ich kann Digital Assets als Coleteral nehmen usw. usf., aber das Modell eines Kredites (…) wird auch in der Zukunft noch eine Bank machen. Aber die Technologie ändert sich. Ich hatte nach dem Vortrag auch eine ganz lustige Diskussion mit ein paar Leuten, weil ich gesagt habe „Es ist die Aufgabe einer Bank, Geld von A nach B zu schicken“, das heißt die Repräsentation in der dezentralisierten Welt ist dann die Validierung von Transaktionen, bzw. Mining.
Also im Grunde genommen, wenn die Bank der Meinung ist, dass Geld von A nach B zu schicken auch in der Zukunft noch eine Dienstleistung einer Bank sein sollte, dann muss eine Bank auch Mining betreiben.
Das ist eigentlich auch ganz spannend, viele Dienstleistungen werden aktuell noch nicht von Banken angeboten. Aber ich glaube, dass das über Kurz oder Lang passieren wird.
Base58: Was wäre da so ein Zeitraum, den du dir vorstellen kannst, in dem Banken adäquat auf diesen technischen Fortschritt, oder technischen Status Quo eigentlich, reagieren?
Ich glaube, dass viele Banken aktuell oder auch schon die letzten zwei Jahre Blockchainprojekte machen, da auch sehr viel Geld investieren. Aber das sind halt eben alles permissioned Blockchainprojekte, die ähnlich funktionieren wie Banksysteme in der Vergangenheit funktioniert haben. Also Closed Source, kein freier Zugang dazu, proprietäre Standards und Setup Fees und so weiter.
Ich glaube, dass wenn sich die Banken auf permissionless Blockchain und das ganze Ökosystem einlassen, dann werden sie dadurch de facto auch offener werden. Das versuchen wir jetzt auch. Wir sind ja als Fintech-Bank mit dem Antritt gestartet, dass wenn wir jetzt mit Fintech-Unternehmen zusammenarbeiten und dort die Partnerschaft sauber aufsetzen, dass wir dann auch die Kontrolle übernehmen und sicherstellen, dass die Fintechs sauber arbeiten und dadurch auch dem Regulierer Arbeit abnehmen.
Wir sind jetzt dran, dass wir an den ersten crypto decentralized offerings arbeiten und hoffentlich auch bald schon releasen. Ich glaube, dass wir mit den ganzen Standards die wir erfüllen auch in den Bereich wieder ein bisschen Regulierung reinbringen können. Das heißt, wenn wir jetzt Partnerschaften mit Krypto-Unternehmen machen, die aktuell ja komplett im wilden Westen agieren, dass da die große Chance besteht, dass wir dabei helfen können, den Markt ein bisschen zu strukturieren.
Aber ohne die Freiheit komplett zu killen, weil ich glaube, dass dort sehr viel Innovation praktiziert wird. Deutschland hat da einen guten Stand, (…) auch mit Berlin als Kryptohauptstadt, die sich auch im internationalen Vergleich absolut sehen lassen kann.
Deswegen glaube ich, dass wir eine super Chance haben und der Regulierer jetzt die richtigen Schritte tun muss. Wenn jetzt Token Regulation wirklich geklärt wird und es mal klare Ansagen gibt, dann kann dort richtig viel passieren. Das kann dem ganzen Thema nochmal einen richtigen Push geben. Und dann glaube ich, kann es der hiesigen Wirtschaft auch super Auftrieb geben und deutschen Banken sich auch entsprechend positionieren.
Base58: Optimistische Aussichten. Vielen lieben Dank, Peter!
Ja, danke auch!