Das Base58-Team hat ein Interview mit Ethereum Classic Cooperative Director, Anthony Lusardi, geführt. Ethereum Classic (ETC) gilt als Bruder von Ethereum (ETH). Mit der Listung von ETC auf Coinbase bringt Base58 Hintergrundinformationen zu den Entwicklungen hinter Ethereum Classic.
Anthony, könntest Du uns etwas über die Ethereum Classic Cooperative erzählen?
Das ETC Cooperative hilft der ETC Community und kümmert sich darum, die Aufmerksamkeit um ETC zu steigern. Wir stärken verschiedene Initiativen um Ethereum Classic und haben bis heute bereits einige große Schritte getan.
Wir haben der Ethereum Classic-Homepage ethereumclassic.org ein wirklich nötiges Re-Design verpasst. Zusätzlich dazu haben wir auch eine Seite primär für den asiatischen Kontinent namens ethereumclassicasia.org erstellt, welche chinesisch, koreanisch und japanisch unterstützt. All diese Schritte sollten die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Teams und Unternehmen stärken.
Des Weiteren haben wir es geschafft Ethereum Classic in Andreas Antonopolous neues Buch „Mastering Ethereum“ zu repräsentieren. Wir haben Nodes aufgesetzt, einen Open-Source Block Explorer für Ethereum auf etherhub.io erstellt, viele Dokumentationen und Tutorials verfasst, Wege für Open Source-Projekte geöffnet. Interessant ist auch der Start unseres PeaceRelay, einer Brücke zwischen Ethereum und Ethereum Classic Transaktionen.
Und darüber hinaus haben wir natürlich noch viele andere Schritte getan, haben Präsentationen über die Entwicklung von ETC gehalten, Börsen und Miner weltweit geholfen und Upgrades auf den Weg gebracht.
Ich selbst bin bei Ethereum Classic seit Anfang an dabei (Block 1.920.000). Vorher war ich ein aktives Mitglied in der Ethereum Community.
ETC wurde vor kurzem auf Coinbase gelistet, was im Krypto-Sektor nochmal für eine Steigerung der Beliebtheit führt und gerade interessant für Neulinge ist. Wie wahrscheinlich sind zukünftige Zusammenarbeiten mit a) zentralisierten und b) dezentralisierten Börsen?
Aktuell sind wir bereits auf jeder großen Börse vertreten, Coinbase war die letzte Börse die hier noch fehlte. Wir hoffen in Zukunft noch weitere Handelspaare mit ETC zu sehen und schauen uns auch auf dezentralen Börsen für eine Zusammenarbeit mit ETC um.
In deinem Medium-Artikel beschreibst Du die äußerst positive Atmosphäre, die du auf der EDCON aufgenommen hast und wie Du dort mit Mitgliedern der ETH-Seite interagiert hast. Du hast sie vielmehr als Freunde statt „Feinde“ angesehen. Wie siehst Du eine Welt in der ETC und ETH koexistieren, statt sich gegenseitig wegen Entwicklern, der Marktdominanz und der Adaption aufzufressen?
Ich denke ETH und ETC koexistieren auf viele Arten und Weisen. Auf dem fundamentalen Layer arbeiten beide mit einer sehr ähnlichen Ethereum-Virtual-Machine, das macht das transferieren zwischen den Blockchains sehr einfach. Wir konzentrieren uns auch auf andere Entwicklungen, so ist die ETH-Entwicklung eher auf den Endbenutzer ausgelegt, während ETC eher auf Business-to-Business und Machine-to-Machine-Kommunikation ausgelegt ist. Diese beiden Use Cases sind komplementär und wir würden in Zukunft gerne mehr Zusammenarbeit in dieser Richtung sehen. Die ETC Cooperative arbeitet beispielsweise an dem PeaceRelay, einer Kooperation mit der Ethereum Foundation um Kommunikation zwischen den Blockchains von ETC und ETH zu ermöglichen.
Die Kernteams des Netzwerks sind ETCDEV und IOHK (Input Output Hongkong), wobei das letztere ebenso der Haupttreiber hinter Cardanos Kryptowährung ist. Cardano konzentriert sich auf POS und Smart Contract. Auch der aktuelle Start von EOS hat „einen weiteren Ethereum-Killer“ auf die Bühne gebracht. Welche Maßnahmen ergreift ihr, um technologisch und philosophisch vorne mit dabei zu sein?
Wir glauben nicht, dass wir zu Reaktion gezwungen sind, da wir ein wachsendes Interesse an unserer Blockchain haben und auf die Unterstützung mehrerer starker Entwicklerteams setzen können. Wegen Cardano und EOS – wir schauen hier in Zukunft eher auf Interoperabilität.
ETC hat mehrere Vorteile. Zunächst ist PoW (Proof-of-Work) ein durch die Krypto-Szene bestätigter Konsens-Mechanismus. PoS (Proof-of-Stake) ist sicherlich interessant, aber wir müssen hier schauen, wie es weiter ausgeht.
Des Weiteren besitzt es innerhalb des Netzwerks eine dezentralisierte Struktur (über permissionless PoW) und innerhalb der Community (über stark verteilte Teams und verteilte Besitzstände, was die Ressourcen angeht).
Letztendlich zielt dPOS (delegated Proof-of-Stake) auf einen anderen Use Case als ETC ab. Hier konkurriert dPOS eher mit Zahlungsdienstleistern, wie Venmo oder Baken, statt mit Kryptowährungen – die Dezentralisierung bleibt hier auf der Strecke. Wie wir bereits sehen durften, werden deine Assets bei dPOS durch eine kleine Gruppe außergerichtlich eingefroren; so was passierte in den letzten Wochen häufiger. Auf ETC wurden Assets noch nie eingefroren.
51-Prozent-Attacken werden häufig als Angriffs-Vektoren für PoW-basierte Coins wie ETC genannt. In der ersten Hälfte von 2018 sind mehrfach solche Angriffe aufgetreten. Die Webseite Crypto51 (Link) zeigt a) wie teuer und b) wie wahrscheinlich eine 51-Prozent-Attacke ist, wenn man lediglich Hashpower von NiceHash bezieht. Die Seite zeigt, dass ETC am Rande von NiceHashes-Möglichkeiten steht – mit einer bisherigen Machbarkeit von 94 Prozent. Was sind eure Strategien, um die Leute dazu zu motivieren Hashpower auf die ETC-Blockchain zu bekommen und diese Risiken zu minimieren?
51-Prozent-Attacken werden häufig überbewertet und werden wahrscheinlich weniger ein Problem für ETC sein, da ein großes Risiko damit einhergeht.
Zunächst braucht man erst mal viel Glück, denn wenn man 51 Prozent der Hash-Rate besetzt, dann bleibt immer noch eine 49-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass eine Double Spend-Attack zwischen zwei Blöcken nicht funktioniert. Man muss also etwas über 51 Prozent der Hash-Rate gehen, um schnelle und verlässliche Double Spends durchzuführen. Denn ansonsten wird der Double Spend-Angriff länger als die Zeit dauern, die die Crypto51-App prognostiziert hat.
Des Weiteren gibt es jede Menge Möglichkeiten für Börsen das Risiko einer 51-Prozent-Attacke zu reduzieren:
- Durchführung von Know your Costumer (KYC)/Anti-Geldwäsche-Richtlinien: wenn jemand versucht die Börse auszurauben, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit zur Identifizierung des Täters.
- Abwarten mehrerer Transaktionsbestätigungen: Bei ETC warten die meisten Börsen mehr als 30 Block-Bestätigungen ab. Dies verbindet sich mit meinem zweiten Punkt, dass 51-Prozent-Attacken keine Garantie haben, dass sie funktionieren.
- Beobachtung der Hashrate: Wenn die Hashrate von ETC sich plötzlich verdoppelt, ist es sinnvoll temporär Ein- und Auszahlungen zu stoppen
Wir wollen die Hashrate von ETC aber dennoch weiter erhöhen und die Dezentralisierung verbessern. Es könnte gut sein, dass der ETHash-Algorithmus bald mit spezialisierten ASIC-Computern [Wie bei Bitcoin, Anm. d. Red.] geschürft werden kann. Bis dahin wollen wir aktiv auf mögliche Hardware-Hersteller zugehen und dadurch ASIC-Hardware so vielen Menschen wie möglich zugänglich machen.
Wenn du die Entwicklungen von Ethereum und der Blockchain-Community der letzten Jahre Revue passieren lassen müsstest – was glaubst Du, sind die größten Veränderungen, die eingetreten sind und welche Herausforderungen warten die nächsten Jahre auf uns?
Die größte Herausforderung war bisher die Koordinierung der Community und das Finden finanzieller Unterstützung. Als die Trennung von ETH erfolgte und ETC damit eine eigene Blockchain wurde, zerfielen unsere großen Social Media-Kontakte und finanzielle Ressourcen und wir durften von neuem beginnen. Seitdem haben wir uns langsam gefunden und die Unterstützung hat uns erreicht.
Es warten in den nächsten Jahren noch große Herausforderungen auf uns. Wir werden den Bereich von ETC auf das Internet of Things und Maschine-zu-Maschine-Zahlungen erweitern, Neuankömmlingen zeigen wie wichtig eine unveränderliche Blockchain ist und die besten Entwickler-Tools und -Ressourcen durch unser ETCDEVs Emeral Project/SDK zur Verfügung stellen. Bis jetzt sind alle Blockchains noch primitiv und schwer zu nutzen. Wir wollen diesen Umstand für alle Entwickler vereinfachen, damit sie einfache Programme entwickeln können, die Endnutzern überall helfen können – egal welches Endgerät sie benutzen.
[Titelbild: Anthony Lusardi; Bild: Sharaf Maksumov/ Shutterstock]