Kaum geht der Bitcoin wieder hoch, sind sie wieder da, die Scammer und Anbieter von Wolkenkuckucksheimen. Wem kann man vertrauen? Für den Kryptospace stellt sich die Frage genauso wie für das echte Leben. Gerade jetzt, wo der Bitcoin-Kurs wieder spürbar gestiegen ist und der nächste Bullrun wahrscheinlicher erscheint als noch vor einigen Monaten.
Vor ein paar Tagen hat zum Beispiel John McAfee den von ihm gegründeten GHOST-Token auf Talfahrt geschickt, als er sich auf Twitter schimpfend davon distanzierte. Noch vier Tage früher hieß es „$GHOST is the future.“. Ja nee, ist klar. Nun ist John McAfee schon länger mehr schillernde Figur denn verlässlicher Ratgeber. Aber er ist sinnbildlich für die teilweise blinde Gefolgschaft von Menschen in den sozialen Medien. Um das klarzustellen: Es gibt viele Galionsfiguren im Kryptoumfeld und die wenigsten sind wie John McAfee. Nur sind die ernsthaften Player selten auch die lautesten.
Fakt, bis das Gegenteil bewiesen ist
Der Mensch tendiert dazu, anderen zu folgen, sobald diese mehr wissen als man selbst. Oder das zumindest glaubwürdig behaupten. Blöd ist nur, dass Glaubwürdigkeit auch aus nicht widersprochener Wiederholung erwächst. Anders gesagt: wenn ich oft genug behaupte, etwas sei ein Fakt, und niemand widerspricht oder hört irgendwann auf damit, dann habe ich am Ende Recht. Das funktioniert natürlich nicht bei allgemeingültigen Fakten, klar. Oder?
2×2=4. Jo! Aber schon bei 2² hören manche auf, mitzurechnen. 2564 ist 1.024. Klar, weiß ja jeder. Möööp! Das richtige Ergebnis ist 4.294.967.296. Bei solchen mathematischen „Formeln“ ist das noch sehr einfach nachzuvollziehen. Aber bei Texten ist es eben nicht so offensichtlich.
Genau da liegt die Gefahr – sobald etwas komplexer wird, aber immer noch logisch und richtig aussieht, neigt der Mensch dazu, das Geschriebene zu glauben. Wäre ja sonst nicht veröffentlicht worden. Nun ja. Im Internet gibt es dieses Regulativ aber nicht zwangsläufig. Solange man nicht gegen Recht und Gesetz verstößt, sind ein Tweet, ein Post, ein YouTube-Video zulässig und legitim. Und selbst wenn – das muss erstmal gemeldet, geprüft und gelöscht werden – bis dahin hat sich der Bullshit aber womöglich schon mannigfaltig verbreitet. Man denke zum Beispiel an den Twitter-Hack und die großen Versprechungen, dass Bitcoin verschenkt würden.
Bitcoin als Ausnahme: Shill hier, pump da.
Das Zauberwort im Internet ist „Reichweite“. Wie viele Menschen kann ich mit einem Statement erreichen, gemessen in Followern, Fans, Subscribern? Je größer die Reichweite, desto interessanter ist derjenige für Werbekunden. Daraus ist ein richtiger Berufszweig geworden – Influencer. Die Übersetzung entlarvt es sehr schön: Beeinflusser. Influencer nutzen ihre Reichweite, um andere zu beeinflussen. Hauptberuflich, also um damit Geld zu verdienen. Direkt, indem sie ein Produkt bewerben, oder indirekt, indem um ihre Beiträge herum Werbung geschaltet wird.
Nun sind Kryptowährungen kein Shampoo, die Mechanik aber ist die gleiche. Nicht so stark bei den großen Währungen wie Bitcoin – da muss man schon siebenstellige Followerzahlen zum Kauf oder Verkauf bewegen, um eine relevante Kursbewegung auszulösen. Bei kleinen Coins und Token ist das was anderes, da kann ein einzelner Influencer schon einen kleinen Pump & Dump auslösen.
Im Prinzip ist es ja ganz einfach. Wenn jemand aktiv ein Produkt bewirbt, dann hat er dafür einen Grund. Sehr oft heißt dieser Grund schlicht Geld. Stelle dir also immer die Frage: was hat er/sie davon, dieses Produkt, diesen Coin zu pushen?
#DYOR: Do Your Own Research!
Logisch, nicht alle mit einem Twitterprofil oder YouTube-Channel sind im Hauptberuf Influencer, ganz im Gegenteil. Den meisten geht es um die Inhalte. Aber auch sie verfolgen eigene Interessen, was völlig legitim ist.
Zum Beispiel @CZ, der CEO von Binance mit über 550.000 Followern auf Twitter, wird zum Beispiel immer wohlwollend gegenüber allem sein, was den Binance-Token BNB betrifft. Als Chef der größten Börse im Kryptoversum profitiert er außerdem ganz allgemein von steigenden Kursen, denn die bringen mehr Nutzer für sein Unternehmen.
Oder Anthony Pompliano, der als @pomp bekannt ist. Er hat 360.000 Follower und ist einer der Gründer von Morgan Creek Capital, die ihr Geld mit institutionellen Anlegern verdienen. Der Mann tut richtig viel für Bitcoin und den Kryptospace – und trotzdem pusht auch er manchmal bestimmte Produkte.
Es gibt also genug Grund, kritisch zu bleiben. Und vor allem gilt es, nie einer Quelle allein zu glauben. Gibt es Gegenstimmen und wie wird der Dialog mit Menschen einer anderen Meinung geführt? Faustformel: Je hitziger, unsachlicher oder gar beleidigender eine Diskussion ist, desto weniger vertrauenerweckend ist die Meinung derjenigen.
Auch auf Hochglanz getrimmte Internetseiten bergen Fallstricke – die Zeiten, in denen gutes Webdesign ein verlässliches Qualitätsmerkmal waren, sind lang vorbei. Doublecheck ist angesagt, zum Beispiel wenn da etwas von einer Kooperation mit einer namhaften Firma steht. Hat der vermeintliche Kooperationspartner die Zusammenarbeit auch auf seinen Kanälen promotet? Gibt es ein Presse-Echo dazu (und ich meine damit echte Presse, also namhafte Zeitungen und nicht Pressemitteilungs-Portale, die alles veröffentlichen, was man hinschickt)?
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Kennt ihr das? Ein Kollege, Mitschüler, Nachbar hat DEN Tipp für euch. Hat er neulich gehört und alle Ersparnisse reingesteckt. Todsichere Sache, x% pro Monat auf deine Bitcoin, quasi nebenher, ohne Risiko!
Problem: im Freundes-/Bekanntenkreis gibt es einen Vertrauensvorschuss. Man kennt sich und will sich in der Regel nichts Böses. Was nicht heißt, dass jeder gut gemeinte Tipp auch wirklich gut ist. Bei solchen Versprechungen und Ansagen müssen alle Alarmleuchten angehen. Kann der Tippgeber dir das Ding erklären, ich meine, so richtig? Alle deine Fragen beantworten?
Ein paar einfache Regeln helfen:
- Lass dich nicht unter Druck setzen! Weder zeitlich („Nur noch heute!“), noch psychologisch („Wir sind doch Freunde, …“) oder inhaltlich („Ist doch ganz einfach!“).
- Wenn etwas zu schön klingt, um wahr zu sein, dann ist es das meistens auch – zu schön und nicht wahr.
- Kannst du selbst es jemand anderem erklären? Wenn nicht, dann weißt du selbst nicht, in was du investieren willst. Meistens keine besonders gute Idee.
Der Schlüssel zum Erfolg mit Investitionen im Allgemeinen und Kryptowährungen im Besonderen ist: Wissen. Schon Benjamin Franklin prägte den Satz
Eine Investition in Wissen bringt noch immer die besten Zinsen.
Übrigens gilt das für alle, auch alte Hasen müssen immer wieder neu orientieren und ihre „historischen“ Entscheidungen hinterfragen. Hat sich das Projekt etabliert oder wurde es von allen Börsen delisted? Ist überhaupt noch Volumen auf den Börsen oder reite ich ein totes Pferd?
Wie und wo kann man sich über Bitcoin und Co. informieren?
Die besten Adressen sind unabhängige (!) Medien – auf deren Seiten Werbung in der Regel als solche gekennzeichnet ist – und Communities, in denen sich Menschen mit gleichen Interessen austauschen. Ein produktbezogenes Forum à la „Coin XY-Freunde“ ist monothematisch und erwartbar positiv und in diesem Sinne nicht als neutrale Quelle geeignet.
In großen Communities, wie zum Beispiel der CryptoMonday Telegram-Gruppe, findet oder erhält man immer eine Antwort. Heißer Tipp: Je freundlicher man fragt, desto hilfsbereiter sind die anderen.
Man darf vermuten, dass fast jede Frage auch schon einmal gestellt wurde. Deshalb empfiehlt es sich, vor dem Posten einer Frage in einer Gruppe oder einem Chat einmal kurz den Verlauf nach bereits vorhandenen Antworten zum Thema zu durchsuchen. 😉
In diesem Sinne – have fun, seid erfolgreich und werdet bitte alle so reich wie ihr sein wollt. Eine Bitte hätte ich dann aber noch zum Schluss: helft anderen, teilt euer Wissen und eure Erfahrungen, nehmt aktiv an Communities teil. Nur so können wir es schaffen, den Betrügern und Scam-Projekten das Wasser abzugraben. Gemeinsam. Im Kryptoversum und im echten Leben. Danke!