Die EU wird ein neues Kollegium von Aufsichtsbehörden, einschließlich nationaler und europäischer Behörden, einrichten, um „bedeutende“ digitale Währungen, einschließlich Libra von Facebook, zu beaufsichtigen, so der von EURACTIV eingesehene Entwurf der Europäischen Kommission für Kryptowährungen.
Die lang erwartete Verordnung wird sich mit der hohen Volatilität von Kryptowährungen wie Bitcoin, dem Vater aller Kryptowährungen, und den Risiken systemischer Währungen wie Libra befassen.
Mit dem 167-seitigen Textentwurf, der in den kommenden Wochen vorgelegt werden soll, wird die EU die erste große Rechtsprechung sein, die Kryptowährungen reguliert.
Valdis Dombrovskis, der Vizepräsident der Kommission für Finanzdienstleistungen, sagte in einem Kommentar im Juni:
Ich glaube, dass Europa in der Lage ist, bei der Regulierung eine Vorreiterrolle zu übernehmen.
Nun scheint es so, als würden den Worten Taten folgen.
Für einige gelten Kryptowährungen als das „Geld der Zukunft“, weil sie ein fast sofortiges Zahlungssystem mit sehr niedrigen Gebühren bieten. Aber sie sind gelten in der Öffentlichkeit vorrangig als ein primäres Ziel für Spekulanten und Geldwäscher. Zudem sind die Behörden besonders besorgt bei digitalen Token, deren Wert an souveräne Währungen gebunden sind – so genannte „Stablecoins“. Zu diesen soll auch das in der Öffentlichkeit prominente Beispiel Libra von Facebook zählen.
Da sie an nationale Währungen gebunden sind, behaupten die Befürworter von Stablecoins, sie könnten die bei Bitcoin beobachtete Blasen-und-Burst-Entwicklung vermeiden. Doch die Regulierungsbehörden befürchten, dass sie die globale Wirtschaft destabilisieren könnten, insbesondere wenn sie das Potenzial haben, 2,7 Milliarden Nutzer auf der ganzen Welt zu erreichen, wie das native Projekt von Facebook. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire sagte gegenüber EURACTIV im Juli vergangenen Jahres diesbezüglich:
Wir werden nicht akzeptieren, dass Libra in eine souveräne Währung umgewandelt wird, welche die finanzielle Stabilität gefährden kann.
Der neue Vorschlag der Kommission wird nach fast zwei Jahren langsamer Fortschritte kommen. Aber wie EU-Beamte zugaben, „war Libra ein ‚Weckruf‘, diese digitalen Token ernst zu nehmen“.
In dem Dokument heißt es, dass es das Ziel der neuen Regeln sei es, Rechtssicherheit zu schaffen, Innovation zu unterstützen, Verbraucher und Investoren zu schützen, finanzielle Stabilität und Marktintegrität zu gewährleisten. Die Notwendigkeit, auf EU-Ebene zu regulieren, ist auch dringlicher geworden, da einige Mitgliedsstaaten begonnen haben, ihre eigenen Regeln zu entwerfen, darunter Deutschland, Frankreich und Malta.
Der Kommissionsvorschlag wird jedoch nicht die digitalen Währungen abdecken, welche die Zentralbanken derzeit entwickeln.
Maßgeschneiderter Ansatz
Der Vorschlagsentwurf stellt geringere Anforderungen an Kryptowährungen, die geringere Risiken mit sich bringen. Für „signifikante E-Geld-Token“ werden jedoch strengere Regeln gelten, was die Verpflichtungen, die Aufsicht oder das Sanktionsregime betrifft.
Durch die Anpassung der Gesetzgebung an das Risikoniveau rechnet die Kommission damit, einen Markt mit einem Wert von rund 350 Milliarden Dollar und einer Verteilung auf mehr als 6.700 digitale Währungen zu fördern und gleichzeitig den potenziellen Herausforderungen zu begegnen, die diese digitalen Vermögenswerte mit sich bringen könnten.
Entwickler von Kryptowährungen sollten ein „Whitepaper“ mit allen relevanten Informationen über den Emittenten, den Token oder die Handelsplattform erstellen, „damit potenzielle Käufer eine fundierte Kaufentscheidung treffen und die mit dem Angebot verbundenen Risiken verstehen können“, heißt es in dem Vorschlag.
Nationale und europäische Regulierungsbehörden müssen diese Dokumente genehmigen, bevor die Emittenten ihre Tätigkeit aufnehmen können.
Für die Libra-Vereinigung und die Emittenten „bedeutender E-Geld-Token“ wird der Weg damit schwieriger, da sie ebenfalls ein Kreditinstitut oder ein E-Geld-Institut werden müssen und im Vergleich zu anderen digitalen Betreibern, die Finanzdienstleistungen anbieten, strengeren Anforderungen unterliegen.
Infolgedessen werden Libra und andere „signifikante E-Geld-Token“ unter die Aufsicht der Europäischen Bankaufsichtsbehörde fallen. Die Kommission wird jedoch ein zusätzliches Gremium, einschließlich nationaler und europäischer Aufsichtsbehörden, hinzufügen, um die EBA bei der Beaufsichtigung dieser digitalen Vermögenswerte zu unterstützen.
Die EBA wird den Vorsitz in diesem Aufsichtskollegium führen und wird unter anderem die nationale Behörde des Mitgliedstaates, in dem der Emittent der betreffenden E-Geld-Token zugelassen wurde, die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), die EZB oder jede andere EU-Zentralbank umfassen, je nachdem, welche souveräne Währung hinter dem digitalen Token steht.
Die EBA muss die unverbindlichen Stellungnahmen des Kollegiums „gebührend berücksichtigen“, heißt es im Textentwurf, was die Aufforderung an die Emittenten, mehr Eigenmittel zu halten, oder den Widerruf der Zulassung bei schwerwiegenden Verstößen gegen ihre Verpflichtungen einschließen könnte. Sollte die EBA mit der Stellungnahme des Kollegiums nicht einverstanden sein, sollte sie jede signifikante Abweichung von den Empfehlungen erklären.
Geldbußen und Gebühren
Die EBA wird auch befugt sein, Untersuchungen und Inspektionen vor Ort durchzuführen und Geldstrafen in Höhe von bis zu 5% des Jahresumsatzes des Emittenten bzw. des doppelten Betrags der durch diese Kryptowährungen aufgrund des Verstoßes gewonnenen oder vermiedenen Gewinne oder Verluste zu verhängen.
Um ihre erweiterte Aufsichtsfunktion zu finanzieren, wird die Bankenaufsicht von den Emittenten dieser bedeutenden Kryptowährungen Gebühren erheben.
Der Textentwurf verpflichtet die Libra-Vereinigung und die Emittenten anderer bedeutender E-Geld-Token auch dazu, den Geldwert der E-Geld-Token jederzeit und zum Nennwert einzulösen. Die Regeln schreiben auch das Verbot vor, den Inhabern dieser digitalen Vermögenswerte irgendwelche Anteile zu gewähren.
Fazit
Ist das Ganze nun gut oder schlecht für den Crypto Space? Ich glaube, dass diese Regelungen durchaus einen größeren Einfluss auf den Markt haben könnten. Ihre Einführung und vor allem die Androhung ihrer Umsetzung könnte zudem viele zwielichtige Gründer und CEOs dazu verleiten, das Weite zu suchen, bevor sie Gegenstand staatlicher Untersuchungen werden.
Das Regulierungen seitens der souveränen Staaten eingeführt werden, ist zudem keinerlei Überraschung. Doch trifft das in erster Linie Altcoins und ihre Teams, nicht aber Bitcoin und schon gar nicht die Entwicklung der gesamten DeFi-Szene. Wahre Dezentralität kann nicht reguliert werden.