- Mitarbeiter empfehlen die Eingabe falscher Adressen, das Fälschen von Bankdokumenten und die Manipulation von Binance-Systemen.
- Es gibt eine App speziell für Nutzer aus China, die sich bei Binance anmelden wollen.
- Digitale Residenz in Palau ermöglicht es jedem, die wahre Herkunft zu verschleiern.
Binance bleibt die weltweit größte Kryptobörse nach Handelsvolumen und Kundeneinlagen. Im Jahr 2021 verarbeitete die Plattform Transaktionen im Wert von 9,5 Billionen US-Dollar. Allerdings dürfen Binance und andere Börsen nicht in China arbeiten, wo der Handel mit Kryptowährungen verboten ist.
Laut dem Gründer und CEO von Binance, Changpeng "CZ" Zhao, hat sein Unternehmen Milliarden für die Entwicklung und Implementierung von Systemen ausgegeben, mit deren Hilfe die in China ansässigen Nutzer vom Krypto-Handel abgehalten werden sollen.
Aber es scheint, dass die Sicherheitsprotokolle der Börse etwas zu wünschen übrig lassen, was die Effektivität betrifft. CNBC berichtet, dass es Zugang zu Hunderten von Nachrichten einer von Binance kontrollierten Telegram-Gruppe sowie Discord-Servers erhalten, überprüft und übersetzt hat. Die Gruppen hatten insgesamt fast eine Viertelmillion Nutzer und waren für jeden frei zugänglich.
Die fraglichen Nachrichten stammen von Konten, die den von Binance angestellten oder freiwilligen Mitarbeitern gehören - sie werden intern auch als "Angels" bezeichnet. Ihre Aufgabe bestand wohl darin, interessierte Nutzer in Bezug auf Techniken zu beraten, mit denen sie die Verifizierung, Identitätsprüfung und Bestätigung der Wohnadresse von Binance umgehen konnten.
Falsche Adressen, gefälschte Bankdokumente und mehr
Die Angels empfahlen Methoden wie die Eingabe falscher Adressen, das Fälschen von Bankdokumenten, die Manipulation der Binance-Systeme und vieles mehr.
Nutzer, Mitarbeiter und Freiwillige teilten Dokumente und Videoanleitungen, die den Bewohnern des chinesischen Festlands zeigten, wie sie Informationen über ihren Standort fälschen können, um eine Binance-Debitkarte ausgestellt zu bekommen. Mit dieser Karte funktioniert ein Konto bei der Kryptobörse ähnlich wie ein Girokonto.
Experten für Finanzregulierung warnen, dass die Einfachheit, mit der die Vorschriften umgangen wurden, Auswirkungen über China hinaus haben könnte. Vor allem deswegen, weil diese Vorschriften auch zur Bekämpfung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung dienen sollten. Laut Jim Richards, Experte bei Wells Fargo, könnten die Techniken von Kunden aus Ländern wie Nordkorea und Russland angewendet werden.
Auf Anfrage von CNBC erklärte ein Sprecher der Kryptobörse:
Wir haben Maßnahmen gegen Mitarbeiter ergriffen, die möglicherweise gegen unsere internen Richtlinien verstoßen haben, einschließlich der unzulässigen Werbung oder der Abgabe von Empfehlungen, die nicht erlaubt sind oder nicht unseren Standards entsprechen. Wir haben strenge Richtlinien, die von allen Nutzern verlangen, dass sie die KYC-Prüfung bestehen, indem sie uns ihr Wohnsitzland und andere persönliche Identifikationsdaten mitteilen.
Nutzung von VPN und anderen Tools
Ein Binance-Mitarbeiter riet einem Nutzer im Mai 2022, sich ein VPN zu besorgen und sich als Einwohner Taiwans anzumelden, um dann seine Nationalität wieder auf Chinesisch zu ändern.
Der Mitarbeiter riet jedoch davon ab, VPN-Knoten in Ländern wie Singapur, Hongkong und den USA zu verwenden, um Kryptowährungen wie Bitcoin ohne Identitätsprüfung zu kaufen. Die Börse verweigert offiziell den Zugang zu bestimmten Produkten in diesen Ländern und Territorien.
Binance behauptet, ausgeklügelte Erkennungsprotokolle anzuwenden, um Nutzer in sanktionierten oder eingeschränkten Ländern auszuschalten, die Zugang zu VPNs und anderen fortschrittlichen Tools für die Verschleierung von IP-Adressen haben.
Eine App für den Zugang aus China
Es gibt eine App, die speziell für Benutzer in China entwickelt wurde, die sich bei Binance anmelden möchten. Ein Community-Manager, der für die Börse arbeitet, postete im Dezember 2022 Nachrichten zur Verwendung eines bestimmten VPN-freien Domainnamens und zum Herunterladen der App.
Laut CNBC scheinen die Mitarbeiter von Binance alle Fragen bezüglich der Identitätsprüfung an die Angels weiterzuleiten, wodurch eine Lücke zwischen der Börse und möglichen Rechtsverstößen entsteht. Binance hat jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass die Angels das Unternehmen nicht wirklich vertreten.
Im April letzten Jahres zeigten die Binance Angels chinesischen Kunden, wie sie an Launchpad, dem IPO-ähnlichen Produkt der Börse für neue Kryptowährungen, teilnehmen können. Sie konnten es über eine ausländische Adresse oder durch die Registrierung einer ausländischen juristischen Person tun.
Umgehung der Identitätsprüfung über Palau
Die Inselgruppe Palau hat im vergangenen Jahr ein digitales Aufenthaltsprogramm eingeführt, um die physischen Personalausweise zu modernisieren. Die ID-Karte ist mit einem NFT verknüpft und kostet ein paar hundert US-Dollar pro Jahr. CZ lobte es als innovative Maßnahme.
Das Programm ermöglicht es jedoch Menschen auf der ganzen Welt, ihren "Wohnsitz" in Palau zu nutzen, um ihr wahres Herkunftsland zu verschleiern.
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