Das Bitcoin Halving ist bereits seit geraumer Zeit in aller Munde. Mehr noch! Viele sehen es sogar als den Garant dafür an, dass 2020 ein außergewöhnliches Jahr für Bitcoin wird. Es ist so simpel wie das 1×1 in der Grundschule. Das Angebot von BTC halbiert sich und die Konsequenz ist ein steigender Bitcoin Kurs. Die Vergangenheit hat es ja bereits gezeigt. Alles klingt so einfach und logisch. Oder vielleicht doch nicht?
Entsprechen diese weit verbreiteten Annahmen und Interpretationen tatsächlich der Realität und ist die Theorie hinter dem Bitcoin Halving so wasserdicht, wie alle immer annehmen? Oder handelt es sich vielmehr um eine Gute Nacht Geschichte, die wir uns selbst gerne einreden, damit wir ruhiger schlafen können?
In diesem Artikel möchte ich diesen Fragen auf den Grund gehen, selbst wenn dies bedeutet, dass ich mich damit eventuell mit einer unbequemen Wahrheit auseinandersetzen muss. Dazu beleuchte ich kurz die Theorie hinter dem Bitcoin Halving und Stock-to-Flow Modell, um anschließend einen etwas kritischeren Blick auf das bevorstehende Event und seine mögliche Auswirkungen auf den Bitcoin Kurs zu werfen. Dürfen wir 2020 mit einem Bullrun rechnen? Lass es uns hier und jetzt zusammen herausfinden!
Solltest du bereits genau wissen, was das Bitcoin Halving und Stock-to-Flow Modell aussagt, kannst du gerne die Erklärungen überspringen und zum Wesentlichen übergehen. Dafür klicke einfach auf Erklärungen überspringen.
Achtung: Keine der in diesem Artikeln aufgeführten Formulieren stellen in irgendeiner Weise Handelsempfehlungen dar. Dieser und folgende Artikel dienen lediglich dem Informationsaustausch mit unserer Leserschaft. Weder CryptoMonday noch der Autor dieses Textes haftet für Verluste, die aufgrund von Handelsentscheidungen unserer Leser entstanden sind. DYOR!
Bitcoin Halving und die 100-jährige Verteilung von BTC
Fangen wir mit der essentiellen Frage zuerst an: Was ist eigentlich das Bitcoin Halving?
Wie du sicher weißt, erhöht jeder abgebaute Block die Summe an sich im Umlauf befindenden BTC. Die Menge an BTC, die dabei unter den Minern ausgeschüttet wird, ist pro Block strickt durch den Code reguliert. Aktuell beträgt der sogenannte Block-Reward beispielsweise 12,5 BTC. Das heißt, dass nach jedem abgebauten Block weitere 12,5 Bitcoins an die Miner ausgezahlt werden und damit der Anzahl an sich im Umlauf befindenden BTC hinzugefügt werden. Dies geschieht in etwa alle 10 Minuten rund um die Uhr. Der erste BTC wurde auf diese Weise am 3. Januar 2009 kreiert.
Wer also gedacht hat, dass sich aktuell die Menge an Bitcoins nicht stetig erhöht, da Bitcoin als inflationsfrei gilt, der liegt weit daneben. Die Menge an BTC wird tatsächlich bis zum Jahr 2140 ständig erhöht, denn dann wird voraussichtlich der letzte Bitcoin abgebaut und damit die maximale Menge an jemals sich im Umlauf befindenden BTC erreicht worden sein. Die maximale Menge an Bitcoins wird ebenfalls durch den Code festgelegt und beträgt 21.000.000 BTC. Mehr Bitcoins wird es niemals geben.
Doch einen Moment mal! Satoshi Nakamoto baute den ersten Bitcoin vor knapp 11 Jahren ab. Aktuell befinden sich bereits über 18.000.000 BTC im Umlauf. In etwa alle 10 Minuten kommen weitere 12,5 BTC hinzu und weniger als 3.000.000 Bitcoins abzubauen soll über 100 Jahre dauern? Wie kann das sein?
Hier kommt das Bitcoin Halving ins Spiel
Durch den Bitcoin Code wird nämlich außerdem festgelegt, dass sich jedes Mal, nachdem 210.000 Blöcke abgebaut wurden, die Belohnung pro Block um die Hälfte reduziert. Das passiert in etwa alle 4 Jahre.
Bis jetzt gab es erst zwei solcher Bitcoin Halving Events. Als Bitcoin 2009 gestartet ist, betrug die anfängliche Belohnung noch stolze 50 BTC. Im November 2012 sank sie nach dem ersten Bitcoin Halving auf 25 BTC. Das zweite Halving im Juli 2016 reduzierte die Belohnung auf 12,5 BTC. Das Halving im nächsten Jahr wird die Belohnung daher nach Adam Riese auf 6,25 BTC verringern.
Dieses Schema wird so lange fortgesetzt, bis der letzte Bitcoin abgebaut ist. Gleichzeitig erklärt es, warum zukünftig im gleichen Zeitraum immer weniger BTC in den Umlauf gelangen werden. Daher dauert es noch über 100 Jahre, bis der letzte BTC kreiert wird und in den Umlauf kommt.
Warum das Bitcoin Halving als Preistreiber gilt
In der Theorie soll das Bitcoin Halving zusammen mit der festgelegten maximalen Menge an Bitcoins für Knappheit und damit für eine deflationäre Preisentwicklung sorgen. In anderen Worten soll das langfristige Resultat ein stetig steigender Bitcoin Kurs sein.
Diese Annahme wird durch das Stock-to-Flow Modell unterstützt. Das Stock-to-Flow Modell gibt die relative Schwierigkeit für die Produktion von neuen Einheiten eines Gutes an. In Zusammenhang mit Bitcoin wurde dieses Modell vor allem durch den Analyst unter dem Pseudonym Plan B zunehmend populärer.
Das Stock-to-Flow Modell (S2F) fällt eine Aussage darüber, wie anfällig ein Gut für inflationäres Verhalten ist. Als resistent gelten solche Güter, die einen relativ hohen Wert erzielen. Der Wert des Modells gibt nämlich das Verhältnis zwischen der vorhandenen Menge eines Gutes und der Menge, die jedes Jahr zusätzlich in den Umlauf gebracht wird, an.
Und so funktioniert das Ganze..
Im Falle von Bitcoin entspricht die aktuelle Umlaufmenge der vorhandenen Menge (dem Stock) und die jährlich durch die Miner abgebauten BTC der Menge, die zusätzlich in den Umlauf gebracht wird (dem Flow).
S2F = Stock / Flow
Dieses Modell kommt ursprünglich aus dem traditionellen Markt und gilt als recht zuverlässig, um ein Gut hinsichtlich seiner Eignung als Wertaufbewahrungsmittel zu beurteilen. Gute Beispiele hierfür sind Silber und Gold. Güter, die seit tausenden Jahren von Menschen als wertvoll erachtet werden. Ein entscheidender Grund dafür ist ihr begrenztes Vorkommen. Jedes Jahr kann nur eine bestimmte Menge an Silber und Gold abgebaut und anschließend in den Umlauf gebracht werden. Genauso wie bei Bitcoin. Dementsprechend erreichen Silber, Bitcoin und Gold einen recht hohen Wert im SF-Modell.
Die Besonderheit bei Bitcoin ist allerdings, dass wir bereits jetzt wissen, dass sich das jährliche Angebot alle 4 Jahre halbieren wird und das immer wieder. Dementsprechend erreicht Bitcoin zukünftig einen immer besseren Wert bei dem S2F-Modell, wie die im folgenden Chart eingezeichnete Linie zeigt. Die farbigen, sich überlappenden Punkte zeigen zum einen den tatsächlichen Bitcoin Kurs und zum anderen die Dauer an Tagen bis zum nächsten Bitcoin Halving an.
Dementsprechend sehen wir, dass laut dem S2F-Modell der Bitcoin Kurs stetig steigen wird. So sagt es für Ende Dezember 2020 beispielsweise einen Bitcoin Preis von über 50.000$ und für Ende 2025 sogar knapp 1.500.000$ voraus.
Ist das Stock-to-Flow Modell überbewertet?
Bitcoin-Investor und Analyst Tuur Demeester wies vor geraumer Zeit auf einen interessanten Fakt hin, der kaum oder gar nicht in die Überlegung zukünftiger Bitcoin Kurs Prognosen mit einbezogen wird.
Wie ich oben bereits erklärt habe, kommen tagtäglich neue BTC in den Umlauf und erhöhen damit stetig das Angebot. Dies hat in erster Linie einen inflationären Effekt und würde, alleine betrachtet, dafür sorgen, dass der Bitcoin Preis zurückgeht. Um diesen inflationären Effekt entgegen zu wirken, müssen jeden Tag eine gewisse Menge an neuem Geld in den Markt fließen, damit der Bitcoin Kurs überhaupt konstant bleiben kann.
Tuur Demeester kalkulierte, dass der Markt 2,9 Milliarden Dollar an Investitionszufluss benötigen würde, um den deflationären Effekt neuer BTC auszugleichen und einen Bitcoin Preis von über 8.000$ bis zum nächsten Bitcoin Halving zu halten.
For BTC to retain its current price at $8,000 until the May 2020 halving, we’d arguably need to see net positive demand of $2.88B before then. That’s what’s required to buy up all newly minted BTC at $8k in next 200 days.
— Tuur Demeester (@TuurDemeester) October 23, 2019