Der Petro wurde groß gepriesen. Venezuelas Präsident Nicolas Maduro kündigte die venezolanische Kryptowährung als großangelegtes Projekt an, um das Land aus der Hyperinflation zu führen. Doch wo ist der Petro zu finden?
Der Petro – Die Waffe gegen die Hyperinflation?
Venezuelas wirtschaftliche Situation ist seit langem als prekär zu bezeichnen. Die Bevölkerung ist verzweifelt ob des Wertes ihres Geldes. Dieser ist kaum noch existent. Als Nicolas Maduro im Februar dieses Jahres die erste Kryptowährung des Landes einführte, keimte Hoffnung auf: der Petro.
Um den Petro stabil zu halten, sollte er an den Ölpreis gekoppelt sein. Zusätzlich abgesichert durch Ölreserven, Mineral- und Diamantvorkommen des Landes. Ziel Maduros sollte es sein, den sinkenden Ölpreis und die durch jahrelange Misswirtschaft entstandene Krise Venezuelas zu beenden. Damit einhergehend sollte die Inflation gestoppt und die Staatspleite des Landes verhindert werden. Ambitionierte Pläne und große Versprechen der venezolanischen Regierung, angesichts der Situation der Bevölkerung.
Wo ist der Petro? Jedenfalls nicht in Atapirire…
Die Aufmerksamkeit für den Petro war entsprechend groß. Nicht nur kündigte ein Land die erste offizielle „staatliche“ Kryptowährung an, auch der beinah entwicklungspolitische Ansatz dahinter sorgte für Interesse. Nun machte sich Reuters für eine Reportage auf den Weg, um zu schauen, was denn eigentlich aus dem Petro wurde. Gefunden haben sie nicht viel.
Der Petro sollte vor allem eine abgelegene Regionen Venezuelas unterstützen. Nämlich die, in denen die großen Ölvorkommen zu finden sein sollten, die die venezolanische Kryptowährung stützen sollten: Die Savannenregion um die Stadt Atapirire. Dort hat jedoch scheinbar nie wieder jemand etwas vom Petro mitbekommen, geschweige denn von dem versprochenen Investitionsstrom in die Region. So heißt es in der Reportage:
Unabhängig davon, wie viel Öl sie enthält, fehlt der Region die entscheidende Infrastruktur, um es aus dem Boden zu bekommen, einschließlich Straßen, Pipelines und Stromerzeugung, sagte Francisco Monaldi, ein gebürtiger Venezuelaner, der jetzt an der Rice University in Houston lateinamerikanische Energiepolitik lehrt. ,,Es gibt keinen Investitionsplan für diesen Bereich und keinen Grund zu der Annahme, dass er vor anderen Bereichen mit besseren Bedingungen entwickelt wird“, sagte er.
…und auch kaum an Crypto-Börsen.
Sucht man den Petro (PTR) nun an einschlägigen Crypto-Börsen, wird man auch dort enttäuscht. Lediglich die indische Exchange Coinsecure listet den Petro, außerdem eine Handvoll kleiner Börsen in Asien und Südamerika ohne Internetzpräsenz. Warum die großen Börsen die Währung nie listeten, beantwortete Reuters nur Bitfinex:
Die in Hongkong ansässige Bitfinex, eine der volumenmäßig größten Börsen der Welt, sagte im März, dass sie aufgrund ihres „begrenzten Nutzens“ nie beabsichtige, den Petro zu listen. Sie verbot das Token offiziell von ihrer Plattform, nachdem die USA Sanktionen verhängt hatten. Drei weitere große Börsen – Coinbase in San Francisco, Bittrex in Seattle und Kraken in San Francisco – lehnten es ab, sich zu äußern oder antworteten nicht auf Fragen, warum sie den Petro nicht gelistet haben.
Gab es den Petro-ICO?
Um den Unmut perfekt zu machen, ist auch fraglich, ob der von Maduro angekündigte ICO wirklich stattgefunden hat. Seiner Aussage zufolge soll das Projekt bei einem ICO einen Betrag von über 5 Milliarden Dollar eingenommen haben. Dies wäre der mit Abstand erfolgreichste ICO aller Zeiten.
Doch auch hier fragen sich Experten, ob diese Aussage stimmen kann. Informationen zu dem angeblich eingenommenen Summen, sowie zum Verbleib des vermeintlichen Geldes sind jedenfalls laut Reuters nicht zu finden:
„Analysten sind skeptisch gegenüber Maduros Behauptungen, dass das Erdöl bereits Milliarden in Hartwährung eingebracht hat. Sie sagen, dass digitale Aufzeichnungen, die mit dem ICO verbunden sind, nicht genügend Informationen liefern, um festzustellen, wie viel, wenn überhaupt, tatsächlich aufgebracht wurde.“
„Das sieht angesichts der geringen Transaktionsaktivität sicherlich nicht nach einem typischen ICO aus“, sagt Tom Robinson, Chief Data Officer und Mitbegründer von Elliptic, einem in London ansässigen Blockchain-Datenunternehmen.„Wir haben keine Beweise dafür gefunden, dass jemand ein Petro ausgegeben hat, noch dass es aktiv an irgendeiner Börse gehandelt wird.““
So groß die Versprechen und Ankündigungen Maduros waren, so viele Unklarheiten scheint es nun zu geben. Eines jedoch stellt sich heraus, viele Menschen fühlen sich von der venezolanischen Regierung betrogen. Allen voran die Bevölkerung der vermeintlichen Boom-Region um die Stadt Atapirire.
[Bild: Stefano Carella/ Shutterstock]