Aussagen wie die in der Überschrift sind für viele frustrierend. Denken wir aber etwas genauer drüber nach, ist es aber gleichzeitig auch interessant, wie solche überhaupt entstehen. Nach wie vor gibt es angesehene Investmentmanager, die nicht an die Angebotsgrenze von Bitcoin (BTC) glauben. Ihre Argumentation ist, dass, wenn es so einfach ist, Bitcoin unbegrenzt zu forken, dann gibt es de facto keine Begrenzung des Angebots. So schrieb beispielsweise der Investmentforschers und ehemaligen Hedge-Fonds-Managers Jesse Felder von vor ein paar Wochen in einem Twitter-Beitrag:
Bitcoin-Gläubige verlassen sich voll und ganz auf die Idee, dass Bitcoin nur begrenzt verfügbar ist, was sie weitaus attraktiver macht als Fiat-Währungen, die wie verrückt von Zentralbankern auf der ganzen Welt gedruckt werden. Bitcoin hat sich jedoch bereits mehrfach eine Hardfork durchlaufen und die Anzahl und Art der im Umlauf befindlichen Bitcoins vervielfacht. Wenn man alle Hardforks, die Bitcoin seit seiner Entstehung durchlaufen hat, zusammenzählt, ist die Zahl der Bitcoins insgesamt sogar schneller gewachsen als die Zahl der Dollar. Das ist eine Tatsache.
Und Felder ist bei Weitem kein Einzelfall. In dem Markt- und Investment-Podcast The End Game sagte der Investment-Manager und Schriftsteller Fred Hickey diese Woche:
Die Kryptowährung Nummer fünf ist Bitcoin Cash! Die Nummer 12 der größten ist Bitcoin SV – es gibt für diese Dinge keine Grenzen. Wenn Bitcoin zu teuer würde, würden sie einfach zu einer anderen gehen. Das sind Spekulanten, sie häufen alles an, was Kryptowährungen sind.
Das die Bitcoin-Community eine reine Ansammlung von Spekulanten ist, können wir getrost ablehnen, ohne diese Behauptung auch nur mit einer tiefer gehenden Antwort zu würdigen. Viel mehr wollen wir uns der irregeleiteten Idee widmen, dass das Angebot von Bitcoin (BTC) durch Hardforks beliebig ausgedehnt werden kann. Wie kommen diese Herren zu diesen Annahmen? Immerhin kann man ihnen mit Sicherheit nicht eine gewisse Intelligenz absprechen.
Während viele Bitcoiner wahrscheinlich bereits beim Lesen dieser Zitate genervt mit den Augen rollen, wird sich in diesem Artikel zeigen, dass mehr dahinter steckt, als nur das Fehlen einer adäquaten Recherche zu der Thematik rundum Bitcoin. Also gehen wir zusammen auf die spannende Suche nach Antworten.
Bitcoin ist einzigartig! Aber warum eigentlich?
Die meisten Leser, die sich mit Kryptowährungen auseinander gesetzt haben, realisieren schnell, dass Bitcoin einzigartig ist. Aber hast du schon einmal wirklich darüber nachgedacht, warum das so ist?
Es ist nur zum Teil die Technologie. Der Blockchain-Code ist quelloffen und kann kopiert und angepasst werden, um neue bitcoin-ähnliche Kryptowährungen zu erstellen. Tatsächlich gibt es schon eine ganze Bandbreite von sogenannten Bitcoin Klonen. Aber ganz gleich, wie sie sich selbst nennen, sie sind eben nicht Bitcoin.
Bitcoin Cash hat die Blockgröße erhöht, was einen größeren Durchsatz auf Kosten eines höheren Zentralisierungsgrades ermöglicht. Bitcoin SV erhöhte die Blockgröße erneut um ein Vielfaches. Doch der Markt zeigt deutlich, dass Investoren die ursprüngliche Version von Bitcoin bevorzugen:
- Marketcap von Bitcoin: 352.529.970.499$,
- Bitcoin Cash Marketcap: 5.246.747.735$ und
- Marketcap von Bitcoin SV: 3.332.880.979$
Aber hast du jemals einen institutionellen Anleger ausführlich darüber sprechen hören, wie die SegWit-Skalierungslösung von Bitcoin ihnen mehr Vertrauen in die Sicherheit der Dezentralisierung gibt als die satten 128MB-Blöcke von Bitcoin SV? Das mag vielleicht in Einzelfällen vorgekommen sein, aber mit Sicherheit ist es nicht die Regel. Zudem lehne ich mich wahrscheinlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass die Skalierbarkeit kein entscheidendes Investitionskriterium ist. Es sind nicht die Bitcoin-spezifischen Merkmale, die dafür sorgen, dass Gelder überwiegend in BTC fließt. Es sind die Netzwerkeffekte.
Damit ist nicht gemeint, dass mit mehr Menschen, die Bitcoin halten die Adoption von BTC immer attraktiver wird. Das ist zwar vollkommen richtig, aber an dieser Stelle nicht gemeint. Ich spreche von der Marktinfrastruktur und den Dienstleistungen, die rund um die weltweit größte Kryptowährung entstehen: On-Ramps, ausgeklügelte Plattformen, professionelle Verwahrung, komplexe Derivate und noch wichtiger, die Liquidität.
Diese Markt-Netzwerkeffekte, kombiniert mit den Eigenschaften und dem Potenzial der zugrunde liegenden Technologie, sind der Grund dafür, dass sich professionelle Anleger derzeit auf Bitcoin konzentrieren.
Warum also das fehlende Verständnis?
Warum ist es für sonst kluge Investoren so schwer, das an Bitcoin zu erkennen? Schließlich ist das keine Quantenphysik. Genau hier wird es interessant. Der Grund dafür ist die Annahme, dass die traditionellen Investitionsparadigmen immer noch Bestand haben.
Dazu gehört vor allem die nicht unvernünftige Überzeugung, dass Technologie replizierbar ist und dass Netzwerkeffekte zu einem frühen Zeitpunkt nicht unbedingt von Dauer sind. MySpace verlor gegen Facebook und auch Google war nicht die erste Suchmaschine. Für traditionelle Investoren ist es schwer zu verstehen, dass Bitcoin kein Unternehmen ist und ein besseres Marketing von Konkurrenten wird wahrscheinlich keinen wesentlichen Unterschied machen.
Für traditionelle Investoren ist es auch schwer, über Technologie im gleichen Rahmen wie Rohstoffe nachzudenken. Schließlich sind Rohstoffe physisch da und ihre Beschaffenheit ist, wie sie Mutter Natur geschaffen hat.
Technologie hingegen wird von jemandem nach gewählten Spezifikationen geschaffen, um eine bestimmte Rolle zu erfüllen. Wir können sie dazu bringen, das eine oder andere zu tun. Manchmal wird sie auch für etwas ganz anderes als das, was wir beabsichtigt haben, eingesetzt. Doch darüber entscheidet letzten Endes der Markt. Technologie ist in ihrer Zusammensetzung und ihrem Zweck fast unendlich formbar. Sie ist auch wankelmütig, unterliegt im Allgemeinen den Launen der Mächtigen und wird von den widersprüchlichen Drängen nach Kontrolle und Ermächtigung angetrieben. So war es zumindest bis Bitcoin kam.
Bitcoin läutet ein Paradigmenwechsel ein
Bitcoin wurde von jemandem geschaffen, aber wir wissen nicht von wem. Es gibt also niemanden, auf den wir als Verantwortlichen mit dem Finger zeigen können. Bitcoin wird ständig von einer kleinen Armee von Entwicklern mit unterschiedlichem Hintergrund und aus verschiedenen Finanzierungsquellen aktualisiert und optimiert. Es kann aber nicht grundlegend verändert werden ohne, dass dafür ein Konsens im Netzwerk erreicht wird und das wäre nur realistisch, wenn seine Größe auf einen kleinen Bruchteil der heutigen schrumpfen würde. Von seiner Verwendung kann abgeraten oder sie kann sogar verboten werden, aber Bitcoin kann nicht abgeschaltet werden. All dies verleiht Bitcoin, einer Technologie, einen merkwürdig elementaren Status.
Die beiden oben erwähnten Investoren haben ausführlich über Gold geschrieben und verstehen instinktiv den Wert der natürlichen Unveränderlichkeit und Knappheit. Zu akzeptieren, dass eine Technologie ähnliche Eigenschaften haben kann, ist für die meisten eine große Herausforderung.
Aber das Verständnis des Unterschieds zwischen Bitcoin und anderen Technologien sowie der Ähnlichkeiten zwischen Bitcoin und Gold ist wesentlich, um zu begreifen, wie wichtig ihre Entwicklung ist. Es geht nicht nur um den Inflationsschutz, den die Knappheit und Dezentralisierung von Bitcoin bietet. Es geht um die Zivilisation.
Die Entstehung der Metallurgie war nach vielen Theorien ein Auslöser für die Entwicklung einer komplexen Gesellschaft. Es ist durchaus möglich, dass das Aufkommen von Krypto-Technologien der Katalysator für eine weitere gesellschaftliche Umstrukturierung sein wird. Wir haben diese ungeheuerlichen Behauptungen bereits von Technologiebefürwortern gehört. Aber wir hatten noch nie zuvor eine Technologie mit elementaren Eigenschaften, die in einer technikreichen Ära entstand, die reif für Katalysatoren war, zu einer Zeit, die von so vielen anderen gesellschaftsverändernden Trends und Ereignissen überschattet wurde.
Im Laufe der Geschichte werden tiefgreifende Transformationen vom Mainstream gewöhnlich erst weit nach dem Beginn der Veränderungen bemerkt. Wenn traditionelle Investoren uns mit ihrer Ignoranz und mangelnden Forschung verwirren, sollten wir versuchen zu verstehen, warum. Was noch wichtiger ist, wir sollten schätzen, was das über die Tiefe und Subtilität neuer Definitionen und neuer Paradigmen aussagt, die in den kommenden Turbulenzen Wert und Gesellschaft definieren werden.
Disclaimer: Dieser Artikel lehnt sich stark an dem von von Noelle Acheson auf Coindesk an. Eine tolle Arbeit, die hoffentlich dazu beiträgt, warum Bitcoin gekommen ist, um zu bleiben.
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