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Bitcoin, das Gefangenendilemma und die Reise nach Jerusalem mit 21.000.000 BTC

Marius Kramer
Marius Kramer
Marius Kramer
Autor*in:
Marius Kramer
Writer
01. September 2020

Bitcoin ist ein Spiel um Geld und ganz egal, ob du daran teilnehmen möchtest oder nicht, du bist einer der Spieler. Du kannst dir das Ganze vorstellen, wie die Reise nach Jerusalem. Jeder sollte eigentlich mit diesem Spiel aus seiner Kindheit vertraut sein, in dem alle sich um eine Anzahl von Sitzplätzen bewegen und auf Kommando sich einen der begehrten Sitzgelegenheiten sichern muss. Natürlich sind nicht für alle genug Plätze vorhanden und jede Runde verringert sich die Anzahl von möglichen Sitzen um einen. Wer keinen Sitz ergattert, fliegt raus. Ähnlich verhält es sich mit Bitcoin.

Bitcoin hat eine maximale Anzahl von 21.000.000 BTC. Jeder BTC symbolisiert vereinfacht dargestellt einen Sitzplatz und du hast nur 2 Möglichkeiten:

  • Du kaufst dir BTC
  • oder du kaufst dir keine BTC.

Doch dieses Spiel hat einen Haken. Wie anfangs bereits geschrieben, spielt jeder dieses Spiel, ob er oder sie daran teilnehmen möchte oder nicht. Selbst wenn du einfach untätig bleibst, triffst du damit eine Entscheidung in diesem Spiel, die Folgen haben kann. Doch schauen wir uns die Spieltheorie hinter dieser Überlegung etwas genauer an.

Bitcoin und die Reise nach Jerusalem

Die Hardcap von 21.000.000 BTC schafft eine spieltheoretische Kluft zwischen denen, die Bitcoin besitzen und denen, die Bitcoin nicht besitzen.

Um der Analogie von der Reise nach Jerusalem treu zu bleiben, verschwindet bei dem monetären Spiel von Bitcoin immer dann ein weiterer Stuhl aus dem Kreis, wenn ein BTC gekauft wurde, ohne die Absicht diesen vorerst wieder zu verkaufen.

Die aktuelle Anzahl offener Plätze im Bitcoin-Netzwerk ist eine Funktion der Anzahl der noch abzubauenden ca. 2,6 Mio. Bitcoins und der Anzahl der auf dem Sekundärmarkt verfügbaren BTC, die je nach Bitcoin Kurs variiert. Je höher der Bitcoin Kurs ist, desto mehr Menschen sind bereit, von ihren Stühlen wieder aufzustehen, indem sie ihre BTC an den Höchstbietenden verkaufen.

Doch was ist damit gemeint, dass jeder das monetäre Spiel von Bitcoin spielt, ganz gleich ob er oder sie es will oder nicht?

Ganz einfach. Bitcoin hat einige Eigenschaften, die jeden dazu zwingen, sein Spiel zu spielen. Die Entscheidung, Bitcoin nicht zu kaufen, ist genauso wichtig wie die Entscheidung, Bitcoin zu kaufen.

Durch den Verzicht auf den Kauf von Bitcoin positionierst du dich indirekt wie folgt auf dem Spielfeld: Du gehst davon aus, dass in Bitcoin zu investieren aktuell keine Priorität hat, aus welchen Gründen auch immer. In diesem Fall bist du ein „No-Coiner“. Dieser Begriff bezeichnet eine Gruppe von Personen, die sich entschieden haben, ausschließlich Anhänger der traditionellen Finanzwirtschaft zu bleiben. Sie besitzen weder BTC noch haben sie vor es jemals anders zu halten.

Bitcoin den Rücken zu kehren ist allerdings ein riskanter Schritt. Denn die Entscheidung, Bitcoin nicht zu kaufen, beinhaltet den Glaube, dass andere Personen Bitcoin ebenfalls nicht kaufen werden. Zumindest nicht in der Menge, dass es von Bedeutung wäre. Doch hast du dir schon einmal Gedanken über die Konsequenzen gemacht, wenn du dich irrst, was deine Mitspieler angeht?

Ich helfe dir dabei gerne auf die Sprünge.

Bitcoin und das Gefangenendilemma

Das Gefangenendilemma ist das grundlegende Szenario der Spieltheorie, das zeigt, warum zwei völlig vernünftige Personen nicht kooperieren könnten, selbst wenn es in ihrem besten Interesse zu sein scheint.

Beim Gefangenendilemma werden zwei Verdächtige gefangen genommen und getrennt befragt. Jeder von ihnen hat eine Wahl zu treffen: Entweder er macht einen Deal mit dem Staatsanwalt und verpfeift seinen Freund für eine Strafminderung oder er gesteht nicht, um seinem Freund gegenüber loyal zu bleiben, während er hofft, dass sein Freund dasselbe tut. Denn wenn keiner von beiden gestehen würde, würde die Anklage fallen gelassen werden. Gesteht nur einer von beiden, bekommt er 5 Jahre Haft, während sein Komplize, der nicht ausgepackt hat, 20 Jahre einsitzen muss.

Was also tut man? Hält man dicht, wird auf die Freilassung spekuliert, während 20 Jahre Haft riskiert werden. Wird ausgepackt, versucht man eine Strafminderung auf nur 5 Jahre zu erreichen, aber der Knast ist in jedem Fall sicher.

Bei Bitcoin besteht die Entscheidung, mit dem Staatsanwalt zusammenzuarbeiten darin, innerhalb der Mauern des traditionellen Finanzwesens zu bleiben und die Augen vor der Möglichkeit eines Geldes außerhalb der Regeln und Vorschriften des nationalstaatlichen Fiat-Regimes zu verschließen. Damit wird mit Sicherheit nicht das beste theoretisch mögliche Resultat erzielt, aber es erscheint vielen als die sicherste Variante.

Die Entscheidung dicht zu halten, ist hier das Pendant zu Bitcoin zu kaufen, in der Hoffnung, dass es genug andere ebenfalls tun. Es ist der Glaube daran, dass BTC in seiner Qualität als Geld den Fiat-Alternativen überlegen ist und sich dementsprechend am Markt durchsetzen wird. Doch kooperiert die Gegenseite nicht, die in dem Fall aus vielen weiteren Spielern besteht (ca. 7 Milliarden), riskiert man den Wert, der in BTC gesetzt wurde, zu verlieren.

Das monetäre Spiel von Bitcoin besitzt allerdings eine zusätzliche Komponente. Die „Reise um Jerusalem“-Komponente, wenn man so will. Denn klar ist, irgendeiner muss für das „Verbrechen“ seinen Kopf hin halten und umso mehr Spieler bereits dicht gehalten haben (= Bitcoin gekauft haben) desto geringer wird die Chance dem Knast zu umgehen. Getreu dem Motto: Den letzten beißen die Hunde. Die Spieler haben dadurch einen Anreiz, so früh wie möglich Bitcoin zu kaufen, bzw. sich einen der begehrten Plätze zu sichern, die einem Ticket in die Freiheit gleichkommen.

Wirst du dir deinen Sitzplatz sichern?

Eines der größten Merkmale der Märkte für kryptografische Vermögenswerte ist ihr inhärent globaler Charakter. Jeder mit einer Internetverbindung ist in der Lage, das monetäre Spiel von Bitcoin zu spielen. Jeder ist ein Spieler. Bitcoin ist zudem ein Spiel, das Anreize bietet, schnell in diesem Spiel aktiv zu werden.

Hinzu kommt, dass einige Spieler in der Lage sind, direkt mehrere der Stühle auf einmal zu besetzen. Investmentfirmen, Hedge-Fonds, Zentralbanken, Regierungen oder jede kapitalkräftige Entität können viel mehr als nur einen Sitzplatz in Form von BTC ergattern. Bitcoin zieht technikbegeisterte Entwickler wie auch abgebrühte Investmentfonds an, die das Wertversprechen von Bitcoin verstanden haben und wissen, wie man das Spiel spielt. Diese Menschen agieren schnell, um ihre Sitzplätze möglichst vor den anderen zu sichern und sie haben bereits das Spielbrett betreten.

Die institutionellen Investoren in Bitcoin sind bereits da. Während die frühen BTC-Anhänger seit langem daran arbeiten, ein Ökosystem aufzubauen, das als glaubwürdig und funktional genug erachtet wird, haben im letzten Quartal bereits fast 20 Institutionen bei der U.S. Securities and Exchange Commission Unterlagen eingereicht, aus denen hervorgeht, dass sie in den Grayscale Bitcoin Trust (GBTC), ein Produkt von Barry Silberts Grayscale Investments, LLC mit Sitz in New York, investiert haben. Damit erhöht sich das Tempo des Spiels.

Dabei handelt es sich bei vielen der Namen um in der Szene bekannte Investmentfonds wie Ark Invest mit einem verwalteten Vermögen von 4,5 Milliarden Dollar (in BTC) und Horizon Kinetic, der insgesamt 5,3 Milliarden Dollar verwaltet, aber auch relative Bitcoin-Neulinge wie die Rothschild Investment Corporation, Addison Capital und Corriente Advisor haben sich Sitzplätze in Höhe von hunderten von Millionen Dollar bzw. tausenden BTC gesichert. Es ist offensichtlich, dass diese Institutionen bereits ihre Wahl in diesem Spiel/ Dilemma getroffen haben. Die Frage, die offen bleibt, ist: Wie wirst du dich entscheiden?

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